Weingut Umathum (Neusiedlersee)

Burgenländer Spitzenwein von einer österreichischen Ikone

oesterreichumathum1_220x189Als wir zur mittäglichen Stunde auf dem idyllischen Gutshof ankamen, lachte die Sonne über Frauenkirchen. Nach kurzer und herzlicher Begrüßung ging’s gleich in ein Restaurant gegenüber der großen Basilika. Der Name „Paprikawirtin“ (gibt’s wirklich) deutet auf die geographische und kulturelle Nähe zu Ungarn. Immerhin leben noch 7% der Volksgruppe der Burgenland-Ungarn im Ort, dessen ungarischen Namen Fertőboldogasszony man erst nach einer Weinprobe aussprechen kann.
Welche Irrläufer die Weingesetzgebung gelegentlich bietet und in welche „Grenzkonflikte“ man als Winzer geraten kann, machte eine Anekdote (leider) aus dem wahren Leben deutlich, die uns Josef Umathum zu Wiener Schnitzel und Zanderfilet auftischte: Er, der als Winzer bekannt ist für seine Reanimationsprogramme vergessener und vernachlässigter Rebsorten (Sankt Laurent!) hatte es doch einfach gewagt, aus dem Lindenblättrigen (ungarisch Hárslevelü), einer uralte Sorte, die schon auf den Festtafeln der ungarischen Könige glänzen konnte, einen frischen, aromatischen Wein zu keltern und die Rebsorte auf dem Etikett anzugeben. Geht nicht, da nicht zugelassen. Den Satz: „Erlaubt ist, was gefällt“, wurde sicher in keiner Beamtenstube geprägt. Strafandrohung: 11 Tage Knast. Warum sind mir Winzer bloß sympathischer als Beamte???

oesterreichumathum2_220x189Der Verdauungsspaziergang führte uns in die vergleichsweise flachen Weinberge, wo es als Bonustrack ein Referat zum Thema Biodynamie gab. Alles wirkt bei Josef Umathum so stimmig und wohl begründet, dass ich mir irgendwann noch ein Rudolf Steiner-Foto übers Bett hängen würde, wenn ich ihm noch länger zuhören könnte.
Es ist schon, wie man innerhalb weniger Tage von den Winzern die unterschiedlichsten Auffassungen zum Thema Verschlussarten hören kann. Jeder singt das Hohelied auf „seinen“ Verschluss und wirkt dabei genauso glaubwürdig wie sein Vorgänger oder Nachfolger. Josef Umathum ist einer der Protagonisten des Glasverschlusses und verfügt wohl auch international gesehen mit den größten Erfahrungsschatz. 2003 wurden die ersten gläsernen Füllungen durchgeführt. Im „Wendejahr“ 2006 gab’s nicht nur die komplette Umstellung auf den Glasverschluss, sondern auch eine Umstellung auf Biodynamie. Dass sich Josef Umathum nicht nur in den Weinbergen, sondern auch im Weingut selbst um Nachhaltigkeit sorgt, zeigt sich an der Fotovoltaik-Anlage, die immerhin 60% des hauseigenen Energiebedarfs abdeckt.
Immer wieder hört man im Gespräch mit burgenländischen Winzern den Namen Umathum, wenn es um Anerkennung und Prägung geht. Die Ausnahmestellung von Österreichs „Winzer des Jahres 1990“ (Falstaff) unter den regionalen Winzern wurde auch in unserer viel zu kurzen und temporeichen Verkostung deutlich.

Die letzten beiden Jahrgänge setzen Glückshormone bei Josef Umathum frei. Hier seine persönliche Einschätzung:

2011: *****Hervorragend
„2011 ist der beste Jahrgang, den ich je gemacht habe“, sagt Josef Umathum. „Kaum ein Jahrgang der letzten 30 Jahre brachte eine derart gute Qualität, und dies noch dazu in so zufriedenstellender Erntemenge. Intensive, würzige Aromen mit Fülle am Gaumen, prägen den Charakter des Jahrganges. Die ganze Kühle und Frische des Sommers hat sich im warmen, trockenen Herbst konzentriert. Alle Weine sind von überdurchschnittlicher Qualität, und darüber stehen noch Monumente an Rotweinen.“

2012: *****Hervorragend
„Die Weine des Jahrganges 2012 sind mächtig, voll im Geschmack und geprägt von milder Säure. Hoch reife und kerngesunde Trauben waren die Grundlage für die prägende feine Fruchtwürze des Jahrganges. Ein sehr schöner, guter Jahrgang mit zugänglichen Weinen.“

Verkostungsnotizen

2012 Sauvignon Blanc
in 4 Parzellen angepflanzt; feines Säurespiel, keine vorlauten Töne, mehr gelbe als grüne Früchte, kühler Typ mit würzigem Finish

2012 Pinot Gris
aus Frauenkirchner Lagen mit leichten, sandigen Böden das bieten, was der Grauburgunder haben will; die Rebsorte brachten wohl Zisterziensermönche im Jahre 1240 in die Region; schöne Reintönigkeit, im Glas vereinen sich Zitrusfrische und Opulenz; gute Länge

2012 Rosa
kein seelenloses Weinchen, sondern eine kleine Persönlichkeit; Rosa beschert uns einen kleinen, frischen Früchtekorb mit Himbeeren, Erdbeeren und roten Johannisbeeren

2011 Gelber & Roter Traminer
fein aromatische Familienzusammenführung von zwei nahen Verwandten; die helleren Trauben des Gelben Traminers sorgen für einen zarten Honigton und ein vitales Säurespiel, der Rote Traminer bringt den klassischen Duft nach Rosenblüten ein; saftig, stoffig, würzig.

2011 Zweigelt
würzig-pfeffrige Nase mit „Kirschkaleidoskop“: Sauerkirsche, Wildkirsche, Schwarzkirsche, am Gaumen Nuancen von Schokolade, sehr feine Tanninstruktur

2011 Blaufränkisch
Der Blaufränkisch. Im Weinberg braucht er mehr Kalk, im Glas mehr Luft. Im Vergleich zum Zweigelt fester und kompakter; die Trauben stammen von der Joiser Seite; wie sympathisch es doch sein kann, seine tiefdunkle Seite zu zeigen

2009 St. Laurent Reserve
über zwei Winter im großen Holz (4000 Liter) gereift; vollmundig mit Noten von Brombeere und Waldfrucht; langes, würziges Finale; elegante Textur und perfekte Säure; idealer Begleiter zu Lamm und Wild

2007 St. Laurent Vom Stein
die beste Parzelle für den St. Laurent; 2007 – ein Jahr mit wenig Wasser und viel Wind (2008 durch Hagelschlag komplett ausgefallen); noch feiner und eleganter als die 2009er Reserve, der Aristokrat unter Umathums Roten!

2009 Heideboden
der wichtigste Wein für die Gastronomie in Österreich; kraftvolle, harmonische Cuvée aus Zweigelt (Weichheit und Fülle), Blaufränkisch (Frische, Kühle und Kirsche) und Cabernet Sauvignon (Kraft, Würze und Cassis)

2009 BF Kirschgarten (mein Highlight!)
die 1214 erstmals urkundlich erwähnte „Grand-Cru-Lage“ war früher im Besitz der ungarischen Könige und der Habsburger; in der durch den Leithaberg geschützten Lage herrscht stets eine vorteilhafte Windzirkulation; die Schieferböden sorgen für Tiefgang und Mineralität; die dickschaligen Beeren ermöglichen eine späte Lese; vollmundige Frucht; feste Tanninstruktur; ein Wein mit Breite, Tiefe, Länge und Größe!

Blind:

2000 Merlot Reserve
aus relativ jungen Reben aus der Hallebühl; ungemein frisch (O-Ton Josef „pumperl gsund“) und absolut sortentypisch, feine dunkelrote Frucht, gewinnende Würze; Merlot kann er also auch, der gute Josef

2006 Hallebühl (BF+ZW+CS)
Holundernoten halten sich zwar (anders als der keltische Name Hallebühl = Holunderhügel vermuten lässt) eher im Hintergrund, eine saftige, komplexe, an rote Früchte erinnerndes Fruchtspiel bietet der 2006er dennoch; feines Tannin, harmonischer Nachhall

1991 Hallebühl
Cuvée aus Zweigelt und Cabernet; kühles Jahr – cooler Wein, noch super jung; bei solch netten Gemeinheiten der Winzer gehört es fast zu den Spielregeln, dass man vom Alter des Probanden überrascht ist.

Der Wein wollte noch am Gaumen bleiben, aber wir mussten leider Richtung Rust weiterziehen.

Ich weiß immer gar nicht, wen ich mehr mag und schätze, den Menschen Josef oder den Winzer Umathum und bin froh, dass unsinnige Fragen unbeantwortet bleiben dürfen.

Text: Christoph Arend

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