Dienstag, 10. März 09 „Eine spannende Trilogie“
Besuchte Weingüter: Huber, Triebaumer, Meinklang
Abendessen: Restaurant Pizzeria da Capo (Neusiedl am See)
Übernachtung: Gästehaus am Nyikospark (Neusiedl am See)

Fährt man auf die Weinberge des Traisentals zu und insbesondere auf die aus Reichersdorf, fühlt man sich unweigerlich an die Côte d’Or erinnert. Und tatsächlich findet man hier kalkreiche Böden (während in der Wachau Urgesteins- und im Kamptal Lössböden dominieren). Dann geht’s auf den Hof der Hubers, wo uns schon ein verspielter Vierbeiner andeutet: Ihr seid hier willkommen! Am Konsum seiner Weine kann es wohl kaum gelegen haben, aber an diesem sonnigen Märzmorgen ist Markus Huber etwas angeschlagen und fiebrig. Dass er uns dennoch empfängt (morgens um halb zehn!)- Respekt und vielen Dank! Auch bei den Hubers begegnet uns ein topmoderner, geschmackvoll eingerichteter Verkostungsraum. Was die Ösis sich alles so hingestellt haben…Bücher über Weingutsarchitektur erfreuen sich nicht umsonst großer Beliebtheit. Aus „gesundheitlichen Gründen“ spüren wir alle, die Weinprobe nicht ausschweifender als nötig werden zu lassen. Aber die paar verkosteten Flaschen reichen allemal aus, um Huber und seine Weine als große Bereicherung unseres Sortiments bestätigt zu sehen. Markus Huber wirkt ja noch derart jugendlich, als müsste er bei einer Weinbestellung noch den Ausweis vorzeigen und doch wird der Bursche in diesem Jahr schon 30!
Verkostungsnotiz:
2008 Grüner Veltliner „Alte Setzen“
[Schon wegen des Riedennamens ein Klassewein! – Hanglage mit Lössboden, fast 50jährige Rebstöcke] Dicht, konzentriert, tiefgründig mit feiner Honignote; im Vergleich zum 2007er etwas intensivere Frucht und Mineralität
Fazit:
Als Fußballer hat es der Austria-Fan Markus Huber (immerhin) bis in die 3. Liga gebracht, als Winzer spielt er ganz oben mit! Irgendwie wirken seine Weine noch geschliffener und transparenter – wir sind jedenfalls sehr zufrieden mit dieser Probe!
Weingut Ernst Triebaumer
Unsere Reise führt uns in geschichtlich interessante Burgenland. Wer hier Burgen finden will, muss lange suchen. Der Name dieses jüngsten Bundeslandes Österreichs stammt aus dem Jahre 1919 und geht auf die seinerzeit westungarischen Komitate (Verwaltungsbezirke) Wieselburg (Moson), Ödenburg (Sopron), Eisenburg (Vas) und Pressburg (ung. Pozsony; slowak. Bratislava) zurück. Beinahe hätte dieses Grenzland den Namen „Vierburgenland“ erhalten.
Der Neusiedlersee gehört zum UNESCO-Welterbe und hat hier alles im Griff. Eine der Perlen, die man an seinem Ufer finden kann, ist die Freistadt Rust. Die „Stadt der Störche“ sieht nicht nur aus wie eine Filmkulisse. Sie war es auch – für den „Winzerkönig“. Mit Ernst Triebaumer („E. T.“) einen ganz realen besuchen zu können, freut uns besonders!
Freundlich werden wir von seiner Frau Margarethe empfangen, die uns in ein Verkostungszimmer führt, welches sich mit viel Charme von den superschicken und modernen Vorgängern unterscheidet. Die Gefahr, von den Triebaumers zugetextet zu werden, ist ähnlich groß wie die Wahrscheinlichkeit, aus dem Neusiedlersee Salzwasserfische zu angeln. Man lässt hier gern die Weine sprechen. Und die haben einiges mitzuteilen! Ganz im Sinne der „Ruster Trilogie“ überzeugen Weiß-, Rot- und Süßweine gleichermaßen. Für die Highlights aber sorgen wieder einmal die Roten. Wenn man „Mister Blaufränkisch“ genannt wird, gehört es sich fast, dass diese Sorte die wichtigste des Weinguts ist. Doch auch die anderen, ob St. Laurent oder die Cuvées sind grandios. Was können die eigentlich nicht?! Die Kellerführung übernehmen die Söhne Herbert und Gerhard. Es macht richtig Spaß mit diesen coolen Typen. Kein großes Gewese. „Mehr Sein als Schein“ könnte das Motto der Triebaumers lauten – weit weg vom Hillinger-Syndrom… Den schwierigen Jahrgang 2008 mit Pilzbefall, Oidium und Botrytis hat das Weingut exzellent gemeistert.
Verkostungsnotiz:
2007 Maulwurf
[Cuvée aus Blaufränkisch, Cabernet Sauvignon (die ersten CS-Stöcke wurden 1989 gesetzt) und Merlot. Die BF-Trauben stammen von jungen Marientalstöcken. Maulwurf ist ein weiterer Spitzname Ernst Triebaumers, der einen Weinkeller unter einen Weinkeller baute.]
Offensives und einnehmendes Bukett mit Noten von Brombeeren und Weichselkirschen; präsentes Tannin; engmaschig; saftiges Finish.
Fazit: Nach diesem Besuch waren wir uns sicherer denn je: Trust in Rust! Die Triebaumers sind wie Skifahrer, die sich nicht sonderlich um hippes Outfit scheren, stattdessen fahren sie auf der Piste allen davon!
Weingut Meinklang-Michlits
Dieses Weingut ist durch einen Tipp deutscher Winzer in unser Reiseprogramm gerutscht – ein Dankeschön also an Carolin und Hans Oliver Spanier(-Gillot). Die deutsche Winzerin und Werner Michlits, der Inhaber des Weinguts, kennen sich aus Studienzeiten. Sie sind nicht nur befreundet, sondern scheinen, was die Lebenseinstellung und den Weinbau betrifft, ähnlich zu ticken. Biodynamie heißt das gemeinsame Thema und Werner Michlits schafft es beinahe, dass man als „ungläubiger Thomas“ in den Keller reingeht und als „Vorsitzender der Glaubenskongregation“ wieder rauskommt. Der sympathische Michlits wirkt wie mit dem Weichzeichner gezeichnet und besitzt eine seltene Überzeugungskraft und Aura. Seine Weine sind dabei auf dem besten Wege, ihm zu folgen. Sie besitzen Klarheit und Struktur. Und nebenbei gesagt eine tierisch gute Ausstattung.
Den Naturdünger gibt’s vor Ort gleich mit. Der Mist von den hauseigenen Rindern, Pferden und Schweinen wird kompostiert und präpariert auf die Rebflächen aufgetragen – in dieser Form wohl einzigartig in Österreich.
Im Keller warten Überraschungseier auf uns: 9 hl große Beton-Eier (die wir vorher nur im Keller von Jean-Marc Brocard in Chablis gesehen hatten). Der Beton, ein viel älteres Baumaterial als man meinen könnte, gibt durch seine vielen feinen Poren dem Wein genau den Sauerstoff, den er braucht, zudem ist durch die ovale Form kein Aufrühren der Hefe nötig, der Most ist immer in Bewegung. (Bio-)Dynamisch in Bewegung ist auch Werner Michlits und wir möchten ihn nicht mehr aus den Augen verlieren!
Verkostungsnotiz:
2008 Grauburgunder „Graupert“
[Die Trauben stammen aus einem seit 9 Jahren nicht beschnittenem Weinberg! (sieht wirklich herrlich überwuchert und ungepflegt aus) „Graupert“ ist der burgenländische Ausdruck für „ungekämmt, wild“]
spürbare Malo, milde Säure, reintönig, glasklare Frucht, reife Birne, grüner Apfel, mineralisches Finish
Fazit: Das Weingut Meinklang war für uns ein echtes Überraschungsei mit spannendem Inhalt! Hier wird nicht bio-dynamisch gearbeitet – hier wird bio-dynamisch gelebt! Werner Michlits hätte aus Rudolf Steiner noch einen veritablen Weinliebhaber gemacht!
Beim anschließenden Abendessen ging es munter weiter mit dem Thema „nix von der Stange“. In dieser „Pizzeria“ gibt es wahrlich nicht nur Pasta und Pizza und die Weinkarte ist sensationell. Unser gastgebender Italiener spricht fast akzentfrei deutsch: Fritz Tösch heißt er und ist ein weithin bekanntes burgenländisches Original. Wenn man Gastronomietipps von Winzern bekommt, kann man sich eben blind drauf verlassen (Gedenkminute an Josef Umathum!)
Übernachtung im benachbarten Hotel Nyikospark mit einer extravaganten Inneneinrichtung.