Mittwoch, 11. März 09 „Vom See in die Berge“

Besuchte Weingüter: Umathum, Pöckl, Harkamp

Abendessen und Übernachtung: Weingartenhotel Harkamp

umathum_220x189Weingut Umathum
Josef Umathum gehört nicht nur zu den besten Winzern Österreichs, sondern ist auch als Typ ein „Großes Gewächs“, mit dem befreundet zu sein ein bereicherndes Geschenk ist! Sein Horizont geht weit über den des Weinkellers hinaus. Die Gedanken über Gott und die Welt streiften irgendwann auch das Thema „Biodynamie“. Nach reiflicher Überlegung und mit inspirierender Begleitung und Unterstützung seiner Frau kam es denn auch zu einer Umstellung des Weinbaus nach den Lehren Rudolf Steiners. Doch Umathum hängt die Biodynamie – wenn überhaupt – nur an ein kleines Werbe-Glöckchen. (Bei der Qualität seiner Weine sind derartige verkaufsfördernde Argumente auch reichlich überflüssig…)
Beim sehr informativen und unterhaltsamen Kellerrundgang stellte sich einmal mehr heraus: Josef Umathum ist kein weltfremder Ideologe, sondern ein erdverwachsener Pragmatiker, der bei der wundervollen Genese seiner Weine die Wirtschaftlichkeit nicht aus den Augen verliert. Bei der Verkostung der neuen Weine sorgten einmal mehr die Roten für die ganz großen Geschmackserlebnisse. Das Trio Pinot Noir „Unter den Terrassen“, Hallebühl und Blaufränkisch „Kirschgarten“ ist grandios und unschlagbar! Ähnliches gilt im Preis-Genuss-Verhältnis allerdings auch für seine BA’s und TBA’s.

Verkostungsnotiz:
2005 Blaufränkisch Kirschgarten
[Der Kirschgarten gilt als ältester Weinberg Österreichs; für David Schildknecht (Robert Parkers Außendienstler in Österreich) ist der 2005er Kirschgarten der beste Rotwein Österreichs – Widerspruch zwecklos!]
Vielsagende dunkle Farbe; verschwenderische Fruchtfülle mit an Schwarzkirsche, Holunder und Cassis erinnernden Aromen, schöne Mineralik, satte Tannine; sanfter Riese mit gewaltigem Potenzial

Fazit: Herzlicher Empfang, tolle Weine, leckeres Mittag, endlich auch mal Frau Umathum kennengelernt. Ein vollauf gelungener Besuch! Wir sind froh, dass wir uns haben!

pöckl_220x189Weingut Pöckl
Nächste Station: Mönchhof. Der Ort wurde 1217 erstmals erwähnt. Die Namensgebenden Zisterziensermönche brachten die Burgundersorten gleich mit. Gut so!
Man sieht es schon an der Fassadengestaltung des neuen Weingutes: die Pöckls haben es mit Rot(weinen). Nach unserer Ankunft ging’s gleich in den zünftig gestalteten Verkostungsraum, wo wir herzlich von Theresa Pöckl willkommen geheißen wurden. Die Kerle sind da noch (bei ziemlich scheußlichem Wetter) im Weinberg. Für Vater Josef ist die Welt in Ordnung – er sitzt endlich wieder auf dem Trecker und spürt Pferdestärken. (Wir plaudern hoffentlich nichts aus: Frau Pöckl plant den Kauf eines kleinen Plastik-Treckers, damit der Senior auch im Winter in der Lagerhalle unterwegs sein kann.) Der Junior René ist zwar auch noch draußen (beim Rebschnitt), seine Welt jedoch ist der Weinkeller, in dem er schon seit Jahren die Regie übernommen hat. In diesem „Reich des Juniors“ nehmen wir noch ein paar Fassproben – hier schlummern noch einige rote Riesen, auf die wir uns richtig freuen können!
Der Seewinkel, wo wir uns gerade aufhalten, bietet perfekte Bedingungen für Rotweinsorten. In den Sommernächten hauchen Westwinde warme Luft über die Rebstöcke. Das Wasser des nahen und flachen Neusiedlersees erwärmt sich schnell und wirkt auch im Winter wie eine natürliche Klimaanlage. Der (überaus gelungene) Pinot Noir wächst in den kühleren Parzellen, die hier fast burgundisch klein und verschachtelt sind. Sehr überzeugend: die Classique-Linie, davon sollten wir eigentlich mehr in Berlin haben!
„Noch sind wir nicht so gut, dass die Jahrgänge absolut entscheidend sind. Aber wir werden von Jahr zu Jahr besser und lernen dazu.“ Sagt René. Hallo?! Die Pöckls haben mit ihren Rotweinen, ob Rêve de Jeunesse oder Admiral schon zigmal den Falstaff-Sieger gestellt und gelten für viele Weinkenner als bester Rotweinerzeuger Österreichs!!! Nur mal so: der „Admiral“ wurde Falstaff-Sieger in den Jahren 1991, 1993 und 2005, der Wein des Juniors, der „Rêve de Jeunesse“ 1999 und so nebenbei wurde dem Weingut die Auszeichnung zum „Winzer des Jahres 2004“ zuteil. Was soll noch aus den Pöckls werden…

Verkostungsnotiz:
2007 Zweigelt Classique
[Die Rebstöcke für diesen Wein sind ca. 15 Jahre alt und wachsen auf lehmigen Schotterböden; nach der Malo geht’s für 10 Monate in gebrauchte Barriques (3-4 Jahre alt): das erhöht die Intensität ohne den Fruchtcharakter zu zerstören]
Schönes dunkles Rubinrot; im Bukett ausgeprägte Kirscharomatik; dezente Säure; mildes Tannin; am Gaumen gesellen sich zu den Kirscharomen noch Brombeere und Cassis; schüchterne Nuancen von Schokolade und Tabak

Fazit:
Ein Haus, ganz und gar auf Rot (und schwarz) eingestellt. Es ist uns ein wenig rätselhaft, wie der Junior das Weingut noch besser machen will. Rotweingenuss auf höchstem Niveau!

harkamp_220x189Weingut Harkamp
Nicht nur von der Höhe der Weinberge, sondern auch von der landschaftlichen Schönheit kann die Südsteiermark würdevoll auf die anderen Weinbaugebiete herabblicken. Noch bevor man auch nur einen Tropfen steirischen Weines an den Gaumen bekommt, ist man der Region schon verfallen! Neben dem Weingut besitzen die Harkamps auch ein idyllisch gelegenes (und soeben völlig neu gestaltetes) Weingartenhotel (www.harkamp.at). Im neuen Trakt befindet sich eine kleine Boutique, in der wir mit einem Gläschen Muskateller-Sekt herzlich von Petra und Hannes Harkamp (und ein paar schrägen Grazer Gastronomen) willkommen geheißen wurden. Die eigentliche Verkostung fand im gemütlichen Hotelrestaurant statt. Zu diesem genussreichen Abend trugen beide Harkamp-Söhne bei: Hannes, der Winzer und Heinz, der Koch und Hotelier. Die Weine wurden als harmonische Begleiter eines exzellenten Menüs gereicht. Kollektives Kopfnicken am Tisch. Harkamp-Gewächse auf nie dagewesenem Niveau!
„Da haben wir Glück gehabt!“ sagt der 39jährige, immer noch lausbubenhaft wirkende Hannes und meint in liebenswerter Bescheidenheit die Natur und sich. „Ich bin nicht der perfekte Winzer, na bestimmt net.“ Wenn man die filigranen, geschliffenen und ausdrucksstarken Weine des wahrlich nicht einfachen Jahrgangs 2008 probiert, bekommt der Verkoster Angst vor der Perfektion…
Als „Digestif“ gab’s noch eine „kleine“ Kostprobe vom „Flamberger“-Bier. Sehr individuelle Produkte aus der Hausbrauerei eines benachbarten Freundes.
Beseelt ging es nach einem wunderbaren Abend in die Zimmer, in denen man sich gerne länger aufgehalten hätte.

Verkostungsnotiz:
2008 Sauvignon Blanc „Steil“
[Wie der Name schon vermuten lässt, stammt das Traubengut für die Weine der „Steil“-Linie aus Weinbergen mit starker Hangneigung (teilweise über 45°!). Dass hier alles händisch geerntet wird, versteht sich von selbst.]
Einschmeichelndes, einladendes Bukett, welches weit mehr bietet als Gras und Zitrus; prägnantes Säurespiel; langer Abgang mit Würze und Exotik

Fazit:
Eine sehr spannende und vielversprechende Kollektion. Bei aller Berücksichtung von Jahrgangsdifferenzen haben wir bei keinem unserer Winzer einen solchen Schritt nach vorne ausmachen können! Die warmherzigen Harkamps sind perfekte Gastgeber – man zieht nur ungern weiter…

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